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Eine Pionierin auf vielen Feldern – Zum Tod von Irmtraut Hempel

Am 8. September 2025 verstarb die Biologin Irmtraut Hempel in Molfsee bei Kiel, wenige Wochen vor ihrem 101. Geburtstag. Sie war 73 Jahre mit Prof. Dr. Gotthilf Hempel, dem Gründungsdirektor des IOW, des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) sowie des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT) verheiratet und diesen Instituten daher seit deren Gründung sehr verbunden. Als Frau in der Meeresforschung war sie eine Pionierin ihrer Generation, die auf deutschen Forschungsschiffen mitfuhr und vielen Nachwuchsforschenden, die sie auch direkt unterstütze, ein Vorbild wurde.
Bis weit ins 20. Jahrhundert war die Forschungsschifffahrt eine Domäne der Männer. In der jungen Bundesrepublik noch waren Sprüche zu hören wie „Frau an Bord bringt Unglück“. Die Rollen waren damals klar verteilt zwischen den Geschlechtern. Es war eine Zeit, in der es für Frauen nicht einfach war, aus ihnen auszubrechen und eigene Wünsche umzusetzen. Dazu brauchte es Pionierinnen, die das wagten, mit Mut und Hartnäckigkeit und Leidenschaft. Starke und durchsetzungsfähige Frauen. Eine von ihnen, die dabei voranging, war Irmtraut Hempel.
Die 1924 geborene, promovierte Biologin forschte damals an Krill-Larven. Die Proben, die sie untersuchte, erhielt sie immer erst im Labor; männliche Kollegen brachten sie von ihren Expeditionen mit. Das schränkte die Erkenntnismöglichkeiten der jungen Forscherin ein und so wuchs der Wunsch, selbst vor Ort zu sein, die Fang- und Lebensgebiete mit eigenen Augen zu sehen und die Larven direkt auf dem Schiff zu untersuchen.
In den 1970er Jahren war es dann soweit: Frauen erkämpften sich die ersten Plätze auf Schiffen, fuhren, wie es Männer taten, zur See. So auch Irmtraut Hempel, die ihre ersten Ausfahrten an der Seite ihres Ehemannes Gotthilf Hempel unternahm. Er unterstützte sie dabei, ihren Traum von der wissenschaftlichen Arbeit auf See wahr werden zu lassen. Auch wenn sie anfangs noch nicht genau wusste, wie sich der Alltag in dieser männerdominierten Welt gestalten würde, stellte sie doch bald fest wie respektvoll das Miteinander auf den langen Schiffstouren war – und vor allem wie erkenntnisreich die Fahrten zu unzähligen Zielen zwischen Arktis und Antarktis.
Irmtraut Hempel wirkte außerdem in der wissenschaftlichen Redaktion vieler Fachpublikationen mit. Sie war unter anderem Mitherausgeberin der Biologie der Polarmeere, der Berichte der Deutschen Wissenschaftlichen Kommission für Meeresforschung und der Fachzeitschrift Polar Biology. Darüber hinaus engagierte sie sich viele Jahre für internationale Studierende und deren Familien an der Universität Kiel. Für diesen ehrenamtlichen Einsatz wurde sie 1999 mit der Silbernen Ehrennadel der Universität geehrt.
Irmtraut Hempel war eine Pionierin auf vielen Feldern. Mit ihrem Tod verliert die Polar- und Meeresforschung eine Frau, die couragiert Zeichen gesetzt hat – als Biologin und Kollegin, die Menschen aus aller Welt zusammenbrachte.
Text (adaptiert): Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI)
Leseempfehlung:
Im vergangenen Jahr würdigte das AWI Irmtraut Hempel anlässlich ihres 100. Geburtstags mit dem sehr persönlichen Porträt „Eine Ehe für die Wissenschaft“: https://www.awi.de/im-fokus/eine-ehe-fuer-die-wissenschaft.html