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FS A.v.Humbold

Mit dem Forschungsschiff „Aranda“ in den

Bottnischen Meerbusen

FS Aranda

Vom 3. bis 20. März 2000 waren Wissenschaftler des IOW auf dem finnischen Forschungsschiff „Aranda“ unterwegs. Diese Art der Kooperation mit dem Finnish Institute of Marine Research fand bereits zum zweiten Male statt, nachdem schon im November 1999 Mitarbeiter der Sektion Meereschemie an einer Fahrt der „Aranda“  teilgenommen hatten. Diesmal drehte sich alles um die Frage "Wie verändert sich der CO2-Kreislauf im Wasser, wenn der Austausch mit der Atmosphäre nicht mehr möglich ist, weil eine Eisdecke ihn unterbindet. Die Arbeit konzentrierte sich auf zwei Gebiete: Erstes Ziel war der eisbedeckte Teil des  Bottnischen  Meerbusens, für den zweiten Teil der Fahrt waren Untersuchungen vor allem in der Zentralen Ostsee geplant.

Den Fahrtbericht fürs Internet verfaßte Susanne Hennig, Biologiestudentin im 8. Semester. Ihr und den eifrigen Photographen, die trotz Kälte noch den Auslöser drückten, sei an dieser Stelle ganz herzlich gedankt!

Stürmische Begrüßung

Pünktlich am Morgen des 3. März legt die „Aranda“, aus Helsinki kommend, am Passagierkai in Warnemünde an. Zügig wird die Ausrüstung aufs Schiff gebracht, Computer und Messgeräte vorbereitet und möglichst jeder Teil der Ausrüstung sturmsicher befestigt. Dies soll sich auch gleich nach dem Auslaufen am Nachmittag als sinnvoll erweisen, denn hinter der Warnemünder Mole erwartet uns bei Windspitzen um 22 m/s eine raue See mit meterhohen Wellen. So wird auch das Umsteigen des Lotsens auf das Lotsenboot schon für den Zuschauer zu einem Erlebnis.

Nach dem Aufbau und Festzurren der letzten Geräte ist erstmals genügend Zeit, sich entweder den reichhaltigen Mahlzeiten der ausgezeichneten Bordküche, oder aber seiner Seekrankheit zu widmen. Auch das Innere des Schiffes muss von den „Neulingen“ erkundet werden: Die großzügigen Labore, die wohnlich und komfortabel ausgestatteten Kabinen, die Freizeitmöglichkeiten wie Sauna und Fitnessraum usw. - alles ist funktionell und angepasst für den Einsatz auf See. Alle Räume sind mit Monitoren versehen, auf denen aktuelle Tourdaten wie Koordinaten, Windgeschwindigkeit, Temperatur, Wassertiefe, Fahrgeschwindigkeit und anderes mehr ebenso abgelesen werden können, wie die vorläufige Routenplanung.

Eis in Sicht

Am 6. März erreicht die „Aranda“ den Eisrand. Zuerst nur eine „dicke Suppe“ aus kleinen Schollenbruchstücken, werden die Schollen langsam größer und die Eisdecke mehr und mehr zusammenhängend, je weiter wir uns nach Norden bewegen. Von aufmerksamen Beobachtern wird an diesem Nachmittag die erste Ringelrobbe auf dem Eis gesichtet.

Am Abend dann die Entscheidung: Halt für die „Eisrandstation“, die als Referenzstation für die späteren Proben im Eis dienen soll. Dazu werden  mit der sogenannten CTD-Rosette Wasserproben aus verschiedenen Tiefen entnommen und gleichzeitig ein Tiefenprofil von Temperatur, Salzgehalt und Sauerstoff erstellt. Auch die elektronisch steuerbaren In-situ-Pumpen  gelangen erstmals ins Wasser.

Arbeit im Eis

Am nächsten Morgen schiebt sich die Aranda laut krachend weiter ins Eis, und am Mittag ist es endlich, endlich soweit: Die erste Eisstation ist erreicht. Bei strahlender Wintersonne und -8°C wird die Gangway herabgelassen. Zuerst betreten die drei Fahrtteilnehmer aus Kiel das Eis, Mitarbeiter des Instituts für Polarökologie und somit Eisprofis - es wird probegebohrt, um die Eisdicke zu prüfen.

Mit dreißig Zentimetern erweist sie sich als ausreichend. Dick eingepackt folgen ihnen dann alle anderen nach, die selbst Eisproben benötigen. Mit dem Eisbohrer werden sekundenschnell Eiskerne mit einem Durchmesser von ca. 10cm gewonnen. Das Equipment der Eisneulinge erweist sich hingegen nicht immer als voll funktionstüchtig; es muss improvisiert werden. Aber in den drei Tagen im Eis entwickelt dann jeder eine passende Technik für seine Zwecke. Die Meereschemiker Dr. Bernd Schneider und Dr. Klaus Nagel sind vor allem am Untereiswasser sowie ganzen Eiskernen interessiert, die dann später aufgetaut werden. Sie messen CO2 sowie POC und DOC-Gehalt (particulate und dissolved organic carbon).

Die Biologin Sabine Bauer steht vor dem Problem, möglichst steril arbeiten zu müssen, was sich unter solch „eisigen“ Bedingungen nicht immer als ganz einfach erweist. Sie will nitrifizierende Bakterien im Eis nachweisen und ihre Aktivität mit N15-Experimenten bestimmen. Dazu benötigt sie ganze und fraktionierte Eiskerne, sowie Untereiswasser.

Dr. Peter Kömp braucht eine große Eissäge, um die für die Untersuchung von organischen Schadstoffen erforderlichen Eisvolumina zu gewinnen. Fast 100 l Eis pro Station müssen getaut und filtriert werden. Große Eismengen benötigt auch Dr. Robert Turnewitsch von der Universität Rostock, um anhand von Thoriummessungen den Partikeltransport im Meerwasser zu untersuchen. Da stellt der Schlitten der Kieler Eisbiologen eine große Hilfe beim Zurückfahren der mit Eis gefüllten Probengefäße zum Schiff dar.

Auch die nächsten zwei Tage im Eis sind von emsiger Arbeit, Stimmungs- und Wetterhoch geprägt. Der letzte gebohrte Eiskern wird schließlich mit Wodka gefüllt und dann zünftig nach Eisforscherart angestoßen. Auf Finnisch sagt man übrigens beim Anstoßen: Kippes!

Wieder Wasser unterm Kiel

Die Aranda bricht sich langsam, aber sicher wieder durch das Eis Richtung Süden. Bei klarem Winterwetter fahren wir durch die finnischen Schären und schließlich in den Finnischen Meerbusen. Der zweite Teil der Fahrt soll hauptsächlich dazu dienen, Messdaten für das Projekt „Baltic Sea Carbon Budget“ zu gewinnen. Die meisten Messstationen befinden sich in der Gotlandsee, aber es werden auch Stationen im Finnischen Meerbusen, dem Golf von Riga und vor der Danziger Bucht angelaufen. Am Montagmorgen erreichen wir den Hafen von Helsinki. Hier gehen die Kieler Polarökologen und zwei Mitglieder des finnischen Teams von Bord, dafür kommen fünf neue Finnen dazu. Sie werden an den zeitlich eng aufeinanderfolgenden Stationen in der Gotlandsee im Schichtdienst bei der Probennahme und Nährstoffanalyse mitwirken.

Am zunehmenden Wind und an der starken Bewegung des Schiffes merken wir, daß wir uns wieder in der Zentralen Ostsee befinden. Nun gilt es, Halte- und Stehvermögen zu beweisen, um das geplante Probenpensum auch unter den rauen Bedingungen bewältigen zu können. An jeder Station wird über eine Seitenluke die CTD-Rosette ins Wasser gelassen. Nachdem sie einmal bis zum Grund gefahren wurde und ein Profil erstellt ist, entscheiden die Wissenschaftler darüber, aus welchen Tiefen die Wasserproben genommen werden.

Im Anschluss werden durch die deutschen Forscher POC/DOC und CO2-Konzentration gemessen, während die finnische Wissenschaftlercrew Alkalinität und Nährstoffgehalt untersucht.

Bei allzu stürmischer See müssen die Proben statt mit der Rosette mit einem kleinen Schöpfer genommen werden, was mehr Zeit und Aufwand kostet.An der zentralen Station der Gotlandsee wird die Stationsroutine noch einmal etwas länger unterbrochen: Die In-situ-Pumpen zur Untersuchung der organischen Schadstoffe müssen ins-gesamt acht Stunden im Wasser bleiben, und die Biologin braucht für den Nachweis der Nitrifizierer viel Wasser aus verschiedenen Tiefen.

Durch die vielen Stationen und nachfolgende Probenaufbereitung mag es manch einem fast entgehen, dass wir uns schon wieder auf dem Rückweg befinden. Doch das Abschiedsfest am 18.03. und die wunderbare Rede (auf deutsch) von Matti Pertilää, dem finnischen Fahrtleiter, erinnert auf angenehme Weise an die baldige Heimkehr und den Abschied von der Aranda. Der letzte Tag bringt noch eine Station mit sich, die meisten aber sind mit dem Einpacken, andere noch bis zu guter Letzt mit dem Filtrieren beschäftigt. Am 20. März läuft die Aranda -diesmal bei ruhiger See- wieder in Warnemünde ein.

Bleibt nur noch, Dank zu sagen an die finnischen Kollegen für die hervorragende Unterstützung und die freundliche Aufnahme an Bord der Aranda, und an die ganze Crew für den guten Service und die vorzügliche Verpflegung. Sie alle machten diese Fahrt für uns zu einem positiven Erlebnis.
Auf Finnisch heißt das: Kiitos!

Ein persönlicher Dank von mir geht auch an den deutschen Fahrtleiter Dr. Bernd Schneider, der mir die Teilnahme an dieser Fahrt ermöglichte.

Susanne Hennig