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FS Merian - MSM18-5

2. Wochenbericht

FS Maria S. Merian, an Bord, den 3.9.2011

Am frühen Morgen des zweiten Septembers beendeten wir die küstenfernste Station unseres Schnittes auf 20°S. Parallel zu den praktischen Arbeiten begannen wir mit der Auswertung der Daten und wissen daher ansatzweise, welche Veränderungen wir im Vergleich zu den Ergebnissen von vor dreißig Jahren zu verzeichnen haben. Zugleich haben wir das Spektrum der Methoden erweitert und sukzessive zum Laufen gebracht. An zwei Verankerungen werden Strömungsdaten gesammelt bzw. Sedimentationsraten bestimmt. Selbst die sehr aufwendigen Vorbereitungen zum Einsatz räumlich hochauflösender Messungen von hydrographischer Struktur und Planktonverteilungen sind gestern zum Abschluss gebracht worden. Gegenwärtig schleppen wir den VPR II mit ca. zehn Knoten in Richtung Küste, bei etwa 13 m/s Windgeschwindigkeit. Gigabytes von Daten laufen ein und werden professionell verarbeitet, während an Deck das Parallelexperiment zum Eulerschen Ansatz läuft und die Alterung des Auftriebswassers in Behältern verfolgt wird. Die international besetzte wissenschaftliche Crew hat ihren Rhythmus gefunden und erfreut sich eines regen Gedankenaustausches. Die fast lautlos funktionierende Zusammenarbeit mit der Stammbesatzung ermöglicht uns das intensive Arbeitsprogramm effektiv zu bewältigen. Inzwischen haben wir zwei Schnitte sozusagen „im Kasten“.

Apropos „Kasten“ (-Greifer). Ziel der Benthosgruppe an Bord ist die Kartierung der Diversität benthischer Makrofauna über den ganzen Bereich der Sauerstoffminimumzone auf dem namibianischen Schelf. Im küstennahen Teil des Schnittes finden sich bei Änderung der Wassertiefe im Bereich von nur wenigen Metern völlig unterschiedlich strukturierte Gemeinschaften. Das liegt an dem intensiven Sauerstoffgradienten in dieser Zone, der auch drastische Auswirkungen auf die Makrofauna-Biomasse hat. Während die Aufnahme des oberen Randes der Sauerstoffminimumzone im küstennahen Flachwasser fast abgeschlossen ist, wird die Untersuchung des unteren Randes und der Übergang zur Tiefsee im zweiten Abschnitt der Reise durchgeführt, wobei dann mit Kastengreifer und Multicorer auch tiefseetauglichere Geräte eingesetzt werden.

Im Grenzbereich der Sauerstoffminimumzone wird nach einer Gemeinschaft von Muscheln und Schnecken gesucht, die sich durch geringer Diversität aber mit hoher Individuenzahl und Biomasse auszeichnen und sich an die dauerhaft niedrigen Sauerstoffgehalte angepasst haben. Besonders die Muscheln der Gattung Nuculana nutzen dabei die Dienste von mikrobiellen Symbionten, die im Kiemengewebe angesiedelt sind und dabei durch chemolithotrophe Oxidationsreaktionen Energie gewinnen. Die Muscheln führen ihnen durch ihre intensive Pumptätigkeit die gelösten Ausgangsprodukte für diese Umsätze zu. Es sollen mit dieser Benthosgemeinschaft Experimente zum Sediment-Wasser-Austausch von Oxidationsmitteln durchgeführt werden und gleichzeitig Proben für die molekularbiologische Analyse der Symbionten und ihrer Aktivitäten genommen und konserviert werden.

Abb.1: Der van Veen Backengreifer, kam an Stationen bis zu einer Wassertiefe von 200 m zum Einsatz.

Abb. 2: Offenbar typisch für die Stationen zwischen 150 und 200 m waren enorme Schillmengen, die allerdings durch eine dicke Schicht sedimentierter organischer Stoffe verdeckt waren und erst nach dem Siebvorgang zum Vorschein kamen. Hauptsächlich Polychaeten gehörten zur benthischen Gemeinschaft.

Gegenwärtig laufen wir den Hafen Walvis Bay an, um Treibstoff zu bunkern und sind guten Mutes, die Arbeiten bald fortführen zu können.

Dr. Lutz Postel
Fahrtleiter