Frage:

Sind die Strömungsverhältnisse in der Ostsee, insbesondere westlich von Rügen, über das Jahr hindurch konstant?

Antwort:

Die Strömung ändert sich viel und ist wenig konstant.

Der Grund dafür ist, dass der konstante Anteil der Strömung durch den Abfluß des Süßwasserüberschusses von annähernd 14000 m³/s aus der Ostsee verursacht wird. Die Querschnitte der Ostseeausgänge sind so groß, dass die erforderliche Strömung für den Abfluß dieser Wassermenge nur wenige cm/s beträgt. Mit langfristigen Strömungsmessungen hoher Genauigkeit ist es möglich, diesen Anteil nachzuweisen.

Diesem annähernd stationären Anteil der Strömung sind starke Fluktuationen mit Amplituden bis zu 50 cm/s und Perioden von einigen Stunden bis zu zwei Wochen überlagert. Diese Strömungsschwankungen werden durch die Wasserstandsunterschiede zwischen dem Kattegatt und dem Arkonabecken angetrieben. Starke Westwinde stauen das Wasser im Kattegatt auf und senken den Wasserstand in der Südlichen Ostsee. Die durch diese Wasserstandsunterschiede bedingte Druckgradientkraft treibt das Wasser mit der oben angegebenen Geschwindigkeit durch die Verbindungsstraßen der Ostsee vom Kattegatt in das Arkonabecken. Bei Ostwind haben die Wasserstandsunterschiede und somit die resultierende Strömung die entgegen gesetzte Richtung. Die Strömung ist dabei nicht gleichmäßig über die breiten Querschnitte der Verbindungskanäle, zum Beispiel der Mecklenburger Bucht, verteilt, sondern bündelt sich strahlförmig an einem der Ufer oder entlang ausgedehnten Stufen in der Bodentopographie vor der Küste. Zu erwähnen ist noch, dass sich die halbtägige Gezeitenwelle vom Atlantik via Nordsee und Kattegatt in Richtung Ostsee ausbreitet und nördlich der engsten Stelle der Belte und des Sundes merkbare Gezeitenströmungen verursacht. Südlich dieser Stellen sind die Gezeitenströme in der Ostsee praktisch zu vernachlässigen, wenn auch mit empfindlichen Strömungsmessern nachweisbar.

Diese Frage wurde von Dr. Hans Ulrich Lass, Sektion Physikalische Ozeanographie im IOW beantwortet.