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FS Merian - MSM18-4

2. Wochenbericht (26.07.-31.07.2011)

FS Maria S. Merian, 14° S, 12° O

Physiologische Zooplanktonuntersuchung in der Sauerstoffminimumzone des Angolawirbels

Maria S. Merian hat den Angolawirbel auf einem Schnitt in Nord-Süd-Richtung durchquert und hydrographische, chemische sowie Planktonuntersuchungen vorgenommen. Die Geräte funktionieren weitgehend wie erwünscht und der Stationsbetrieb ist zur Routine geworden. War es in Äquatornähe noch schwülwarm, ist die Witterung jetzt ganz und gar „unafrikanisch“, die Passatwinde bescheren mäßige Winde, Wasser- und Lufttemperaturen unter 20°C und einen bedeckten Himmel, so dass der an Deck aufgebaute Pool ungenutzt bleibt. Der aus Süden einlaufende Swell sorgt für Bewegung im Schiff und bringt das Thema Seekrankheit ins Gespräch. Dennoch sind alle gesund und es herrscht eine gute Stimmung an Bord.

Ein wissenschaftlicher Schwerpunkt während der ersten Woche der Forschungsreise MSM 18/4 waren die Ökologie und Diversität des Tiefseezooplanktons im Angola-Becken. Das Zooplanktologen-Team der Universität Bremen interessiert sich vor allem für die Ursachen der vergleichsweise hohen Biomasse und Biodiversität des Tiefseezooplanktons im Angola-Becken, sowie für physiologische und verhaltensbiologische Anpassungsstrategien verschiedener Zooplanktongruppen an die ausgeprägte Sauerstoffminimumzone im Angolawirbel.

Um diese Fragestellung zu untersuchen, sammelten die Bremer Biologen Tiefseezooplankton an sechs Stationen entlang des Nord-Süd-Transekts auf 8° östlicher Länge. Das Tiefseeplankton wird mit einem Mehrfachschließnetz gefangen, das pro Einsatz die Beprobung von fünf diskreten Tiefenintervallen erlaubt. In Abhängigkeit von den zuvor gemessenen Temperatur-, Salzgehalts- und Sauerstoff-Tiefenprofilen, die die hydrographischen Bedingungen charakterisieren, werden die verschiedenen Fangstufen festgelegt. Die Oberflächenschicht ist durch hohe Temperaturen von 22 bis 24°C gekennzeichnet. Darunter schließt sich eine ausgeprägte Sprungschicht an, in der in wenigen 10 Metern die Temperatur und der Sauerstoffgehalt stark abfallen. Unterhalb der Sprungschicht beginnt eine ausgeprägte Sauerstoffminimumzone mit Sauerstoffkonzentrationen von teilweise weniger als 0,5 ml/l. Ein typisches Fangprofil besteht aus den Tiefenstufen 1800 bis 1000 m, 1000 bis 400 m, 400 bis 150 m, 150 bis 30 m Tiefe und von 30 m Tiefe bis zur Oberfläche.

Parallel zu den hydrographischen Parametern änderte sich auch die Zooplanktonzusammensetzung. Während im warmen Oberflächenwasser eine für die Tropen typische Zooplanktongemeinschaft lebt, gibt es in der darunterliegenden Sauerstoffminimumzone kaum Zooplankton. Zu den Spezialisten, die trotz des Sauerstoffmangels in dieser Tiefe dennoch leben bzw. diese Zone auf ihren täglichen Vertikalwanderungen passieren können, gehören Ruderfußkrebse der Gattung Pleuromamma sowie verschiedene Arten von Leuchtgarnelen. Im kalten Wasser (4 bis 10°C) unterhalb der Sauerstoffminimumzone wurden regelmäßig verschiedene Tiefseegarnelen (Decapoda) und nur wenige Zentimeter kleine mesopelagische Fische gefangen.

Tropischer Ruderfußkrebs (Foto: L. Teuber)
Tropischer Ruderfußkrebs (Foto: L. Teuber)

Die in der vergangenen Woche gefangenen Zooplanktonorganismen werden im Kühllabor der Maria S. Merian und in verschiedenen Kühlschränken an Bord gehältert und sollen in den kommenden Tagen für Sauerstoffverbrauchsmessungen genutz werden, um die Stoffwechselaktivität und den Nahrungsbedarf der Organismen zu quantifizieren. Das besondere Interesse der Wissenschaftler an Bord gilt dabei der Abhängigkeit der Stoffwechselaktivität von der Temperatur und der Sauerstoffkonzentration sowie spezifischen ökophysiologischen Anpassungsstrategien des Zooplanktons an den Sauerstoffmangel in der Sauerstoffminimumzone.

Neben der Stoffwechselaktivität wird auch die Eiproduktionsrate der Ruderfußkrebse (Copepoden) gemessen. Dazu sammelt ein südafrikanischer Kollege des Departments of Environmental Affairs (DEA, südafrikanisches Umweltministerium) in Kapstadt geschlechtsreife Weibchen verschiedener Copepodenarten aus einem Oberflächen-Driftnetz. Das Netz wird jeweils für wenige Minuten an den verschiedenen Stationen zu Wasser gelassen und erlaubt eine besonders schonende Beprobung des Oberflächenzooplanktons. In der ersten Woche wurden bereits über 70 Messungen der Eiproduktion an verschiedenen tropischen Ruderfußkrebsen erfolgreich durchgeführt. Diese Daten erlauben Rückschlüsse auf die Produktivität der verschiedenen Meeresregionen und auf die Effizienz des Energietransfers von einzelligen Algen zu höheren Gliedern der marinen Nahrungskette.

Merian ist jetzt vor der Küste Angolas und arbeitet die küstennahen Schnitte ab. Auch die Ichthyoplanktologen und die Benthologen bekommen nun endlich Arbeit.

Holger Auel und Dr. Martin Schmidt