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Phytoplankton an der Küstenstation "Seebrücke Heiligendamm" im Jahre 2002

Wöchentliche Messungen des Instituts für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) an der Seebrücke Heiligendamm (54°08,55' N; 11°50,60' E).

Die Ergebnisse der wöchentlichen Phytoplankton-Probennahmen des Instituts für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) von der Seebrücke Heiligendamm (54°08,55' N; 11°50,60' E) werden in Abb. 1 dargestellt. Fehlende Säulendarstellungen an einzelnen Messtagen zeigen an, dass hier wegen sturmbedingter Resuspension von Sedimenten keine quantitative Auswertung der Phytoplanktonproben möglich war. Die an solchen Tagen gemessenen Chlorophyllwerte waren deutlich erhöht und erscheinen unzuverlässig; sie wurden deshalb ebenfalls nicht dargestellt.

Am 8.1.2002 (2. Woche) dominierten der Flagellat Teleaulax sp. mit 26,1 mg m-3 und der Ciliat Mesodinium rubrum mit 19,8 mg m-3. Teleaulax sp. blieb auch am 15.1., 22.1. und 5.2. die dominante Art, während Mesodinium rubrum deutlich zurückgegangen ist. Am 19.2. (8. Woche) kam die Kieselalge Thalassiosira anguste-lineata mit 22.6 mg m-3 hinzu. Am 5.3.2002 dominierten der Flagellat Eutreptiella sp. mit 47,1 mg m-3 und Mesodinium rubrum mit 36,2 mg m-3.

Nach einem starken Wachstum des photoautotrophen Ciliaten Mesodinim rubrum (=Myrionecta rubra) kam es ab 11. März (11. Woche) zur Kieselalgen-Frühjahrsblüte. Sie bestand hauptsächlich aus Chaetoceros-Arten (z.B. Ch. diadema, Ch. debilis, Ch. curvisetus), Rhizosolenia setigera und Thalassiosira anguste-lineata. Auch der Kieselflagellat Dictyocha speculum (hier unter „Übrige“ mitgezählt) war mit 42 mg m-3 bedeutsam. Die genannten Arten gingen zum 19. März aber stark zurück und wurden durch das für die späte Kieselalgenphase typische Skeletonema costatum ersetzt, das zum 26. März (13. Woche) sogar auf 641 mg m-3 anstieg. Die Kieselalgenblüte war am 9. April schlagartig vorbei, und es kam spontan zu einer Massenentwicklung von 40-50 µm großen athekaten Dinoflagellaten. Diese waren auch in vorherigen Jahren in Massen gefunden worden und bislang provisorisch als Gymnodinium cf. lohmannii bezeichnet worden. Auch die schnelle Ablösung der Kieselalgenblüte durch eine Dinoflagellatenblüte ist in der westlichen Ostsee typisch. Interessant ist, dass mit diesem Populationswechsel wiederum Mesodinium rubrum stark zur Entwicklung kam. Auch die Chrysophycee Pseudopedinella sp. (66 mg m-3, hier unter „Übrige“ mitgezählt) ist erwähnenswert. Zum 23.April (16. Woche) waren alle Arten wieder im Rückgang begriffen; lediglich Heterocapsa rotundata war auf 59 mg m-3 angestiegen. Dann fielen Proben an, die wegen sturmbedingter Resuspension nicht auswertbar waren.

Am 14. und 21. Mai war der Frühjahrsaspekt beendet. Es dominierten Cryptophyceen (Teleaulax sp., Hemiselmis sp.), die meistens in biomassearmen Nachblütephasen beobachtet werden. Sie gingen Ende Mai/Anfang Juni wieder zurück, während die Biomasse von Mesodinium rubrum stark anstieg. Es begann auch die Entwicklung von Heterocapsa rotundata und eines unbestimmten Dinoflagellaten (20x18 µm), die zum 18.6. (24. Woche) ihren Höhepunkt erreichte. Bereits am 18.6. tauchten erste Zellen der großen Kieselalge Dactyliosolen fragilissimus auf, die zum 26.6. zu einer Biomasse von 527 mg m-3 anwuchsen. Das Maximum dieser Art wurde am 10.7.2002 (27. Woche) mit einer Frischmasse von 11801 mg m-3 registriert. Daneben waren nur noch Proboscia alata (132 mg m-3), Prorocentrum minimum (106 mg m-3) und Mesodinium rubrum (88 mg m-3) erwähnenswert. Diese Arten (außer Prorocentrum minimum) gingen zum 16.7. stark zurück, während Ceratium tripos und Guinardia flaccida nun auftauchten. Am 23.7. (29. Woche) erreichte Dactyliosolen fragilissimus noch einen neuen Höhepunkt (2367 mg m-3), ging anschließend aber kontinuierlich zurück. Am 30.7. trat Cerataulina pelagica mit 394 mg m-3 auf, aber am 6.8. nur noch mit 39 mg m-3. Die Probe vom 13.8.02 war wegen starker Verunreinigungen nicht quantitativ auswertbar; sie enthielt hauptsächlich Prorocentrum minimum, Dactyliosolen fragilissimus, Rhizosolenia pungens und Proboscia alata. In der Probe vom 20.8.02 fand sich in erwähnenswerten Biomassen nur Ceratium tripos, Dactyliosolen fragilissimus undCoscinodiscus granii.

Zum 27.8.02 (34. Woche) kam es zu einem erneuten, letzten Anstieg der typischen Sommer-Kieselalge Dactyliosolen fragilissimus (382 mg m-3), aber zu einem Verschwinden von Coscinodiscus granii. Auch die Dinoflagellaten Ceratium tripos und Prorocentrum minimum wuchsen weiter an. Zum 3.9.02 ging die Biomasse stark zurück; lediglich Prorocentrum minimum und Plagioselmis prolonga verstärkten sich. Die zu erwartende Dinoflagellaten-Herbstblüte zeigte ein erstes Auftreten bereits am 10.9.02 (36. Woche) mit Ceratium tripos (902 mg m-3) und C. fusus (180 mg m-3). Sie war bereits eine Woche später wieder verschwunden. Stattdessen kam ab 24.9.02 die Herbst-Kieselalge Coscinodiscus granii (164 mg m-3) verstärkt vor. Am 1.10.02 (39. Woche) wurde eine stärkere Blüte registriert, die sich hauptsächlich aus Coscinodiscus granii (1323 mg m-3) und Ceratium tripos (634 mg m-3) zusammensetzte.

Am 16. und 22.10. (41. und 42. Woche) dominierten Coscinodiscus graniiund Ceratium tripos. Nach einem Sturm waren diese Arten am 6. und 12.11. (44. und 45. Woche) fast vollständig verschwunden zugunsten der Kieselalge Cerataulina pelagica. Zu dieser Art gesellte sich am 26.11. (47. Woche) und 3.12. (48. Woche) wieder Ceratium tripos und C. fusus. Am 10.12. (49. Woche) dominierten Kieselalgen der Gattung Thalassiosira (insbesondere T. anguste-lineata), am 17.12. dagegen Actinocyclus sp. Der schnelle Wechsel der Arten ist sicherlich auf die hydrographische Instabilität an dieser Küstenstation zurückzuführen.

Die als Liniendiagramm dargestellten Chlorophyll-a-Konzentrationen im Oberflächenwasser scheinen nicht mit der Phytoplankton-Frischmasse korreliert zu sein. Insbesondere zu Zeiten starker Kieselalgenentwicklungen (z.B. Wochen 27-30, 39, 50) erscheint die Biomasse deutlich höher als es der Chlorophyllgehalt erwarten ließe. Das liegt an der großen Vacuole, die speziell bei großen Kieselalgen den größten Anteil des Zellvolumens ausmacht, die aber wenig organisches Material und kein Chlorophyll enthält. Zumindest spiegeln sich die drei Blüten grob auch im Chlorophyllgehalt wider, der dann meistens über 1,5 - 2 mg m-3 liegt: Frühjahrsblüte in Woche 11-13 (14), Sommerblüte in Woche 25-31, Herbstblüte in Woche 34-42 (mit Unterbrechungen). Die Biomasse bleibt aber bis in den Spätherbst hinein relativ hoch.

 

IOW, 08.03.2004
Dr. Norbert Wasmund,
Susanne Busch,
Ina-Marie Topp,
Regina Hansen.

 

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Abb. 1: Chlorophyll a –Konzentration und Zusammensetzung der Phytoplankton-Biomasse (Frischmasse) vom 2.1. bis 30.12.2002 an der Seebrücke Heiligendamm (Schöpfproben von der Wasseroberfläche).
Abb. 1: Chlorophyll a –Konzentration und Zusammensetzung der Phytoplankton-Biomasse (Frischmasse) vom 2.1. bis 30.12.2002 an der Seebrücke Heiligendamm (Schöpfproben von der Wasseroberfläche).
IOW-Fotogalerie einzelliger Ostseealgen

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