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MARNET-Station Arkona See

Phytoplanktonentwicklung an der Küstenstation "Seebrücke Heiligendamm" im Jahre 2013

Die Sektionen Biologische Meereskunde und Meereschemie des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) führen wöchentliche Probennahmen an der Seebrücke Heiligendamm (54°08,55' N; 11°50,60' E) durch. In diesem Bericht werden die Ergebnisse der Phytoplankton-Untersuchungen vorgestellt. Es wurde Oberflächenwasser mit einer Pütz entnommen.

Die Phytoplanktonbiomasse wurde durch mikroskopische Zählung (UTERMÖHL-Methode) und die Chlorophyll-a-Konzentration durch Ethanol-Extraktion und fluorometrische Messung bestimmt. Dabei wurden die Methodenvorschriften von HELCOM zugrunde gelegt (http://helcom.fi/action-areas/monitoring-and-assessment/manuals-and-guidelines/combine-manual).
Die Zählung der Phytoplankton-Proben erfolgte mit dem Zählprogramm OrgaCount und basiert auf der HELCOM-Artenliste, die jährlich aktualisiert wird:  http://www.ices.dk/marine-data/vocabularies/Documents/PEG_BVOL.zip (PEG_BVOL2013; Grundlagen siehe in Olenina et al. 2006). Die spezifischen analytischen Bedingungen der Chlorophyll-a-Bestimmung sind in Wasmund et al. (2006) dargelegt. Es werden hier entsprechend der Entscheidung der BLMP-Unter-Arbeitsgruppe Qualitätssicherung vom 11.9.2008 die Chlorophyll-a-Konzentrationen angegeben, die nicht für Phaeopigment korrigiert sind.

Bild 1: Skeletonema marinoi, Probe vom 5.3.2013
Bild 1: Skeletonema marinoi, Probe vom 5.3.2013

Die Phytoplanktonproben einiger Messtage konnten nicht mikroskopisch ausgewertet werden, da es sturmbedingt zu hohen Sedimentanteilen in den Proben gekommen war. Der Anteil solcher nicht auswertbarer Proben scheint mit den Jahren zuzunehmen, vielleicht weil die Station an der Seebrücke wegen Versandung immer flacher wird.

Die Ergebnisse sind in Abb. 1 dargestellt.

Bild 2: Chaetoceros wighamii
Bild 2: Chaetoceros wighamii

Trotz Lücken in der Auswertung der Phytoplanktonproben können wir behaupten, dass die Phytoplanktonbiomasse im Januar und Februar 2012 sehr gering war. Die Chlorophyll-a-Konzentrationen lagen meistens deutlich unter 1 mg/m3.  Anfang Januar waren Cryptophyceen (Teleaulax spp., Hemiselmis sp., Plagioselmis prolonga) dominant, aber dann wurden Dinoflagellaten (Ceratium tripos, Gymnodiniales) bedeutsamer. Am 5.3.2013 (Woche 10) dominierte Skeletonema marinoi. Ob diese Kieselalge (Diatomophyceae) auch eine Frühjahrsblüte gebildet hat, kann wegen der dreiwöchigen Datenlücke nicht beantwortet werden. Das kleine Chlorophyllmaximum in der 12.Woche zeigt jedoch an, dass eine Blüte stattgefunden haben muss. Wenn diese durch die grundsätzlich chlorophyllarmen Kieselalgen gebildet wurde, kann die Frischmasse deutlich höhere Werte erreicht haben als es das kleine Chlorophyllmaximum vermuten lässt (vgl. Chl:Biomasse-Relation von Woche 37). Zumindest können wir feststellen, dass nach der Datenlücke Skeletonema marinoi (Bild 1) immer noch die dominante Art war. Es wurde am 9.4.2013 (Woche 15) aber schon abgelöst von Chaetoceros wighamii (Bild 2), das am 16.4.2013 mit 161 mg/m3 sein Maximum erreichte, neben anderen Chaetoceros-Arten, die 147 mg/m3 ausmachten.

Bild 3: Heterocapsa rotundata
Bild 3: Heterocapsa rotundata

Erst nach Rückgang dieser Kieselalgen konnte sich der Ciliat Mesodinium rubrum ein wenig entwickeln. Er war sonst im Frühjahr wesentlich stärker vertreten. Auch die im Jahre 2012 erstaunlich stark entwickelte Euglenophycee Eutreptiella braarudii war im Jahre 2013 unbedeutend. Die früher oft dominierende Frühjahrsart Dictyocha speculum konnte nur mit wenigen Zellen nachgewiesen werden. Die im Jahre 2011 blütenbildende Kieselalge Achnanthes taeniata trat kaum noch in Erscheinung. Sie hatte zwar am 23.4. eine Abundanz von 41000 Zellen/L, aber wegen der geringen Zellgröße nur eine Biomasse von 8 mg/m3. Anzumerken ist auch das bereits aus den Vorjahren bekannte schwache Auftreten der Dinoflagellaten. Diese waren in der 21. und 22. Woche hauptsächlich durch Heterocapsa rotundata (Bild 3) vertreten. Dass in diesen beiden Wochen die Phytoplanktonbiomasse im Verhältnis zur Chlorophyll-a-Konzentration relativ gering war, ist mit einer Unterschätzung der Biomasse zu begründen, denn es traten sehr viele Einzeller <2µm auf, die bei der mikroskopischen Zählung nicht erfasst werden.

Bild 4: Aphanizomenon sp., Netzprobe vom 16.7.2013
Bild 4: Aphanizomenon sp., Netzprobe vom 16.7.2013

Insgesamt gesehen war die Frühjahrsblüte schwach. Sie könnte wieder von der Kieselalge Skeletonema marinoi gebildet worden sein, einer Art die in den Vorjahren als Skeletonema costatum oder Skeletonema sp. bezeichnet wurde. In den Vorjahren herausragende Arten, wie Mesodinium rubrum, Dictyocha speculum, Eutreptiella braarudii oder Achnanthes taeniata waren im Frühjahr 2013 von relativ geringer Bedeutung. Auch die häufig registrierte Ablösung der Kieselalgen durch Dinoflagellaten wurde im Jahre 2013 nur rudimentär festgestellt.

Bild 5: Nodularia spumigena, Netzprobe vom 9.7.2013
Bild 5: Nodularia spumigena, Netzprobe vom 9.7.2013

Die 24. und 25. Woche (11.6. und 18.6.2013) stellt den Übergang von der Frühjahrs- zur Sommersituation dar, gekennzeichnet durch ein nochmaliges Auftreten der typischen Frühjahrs-Kieselalge Skeletonema marinoi (bis 226 mg/m3) und das gleichzeitige langsame Wachstum der für den Sommer typischen stickstoff-fixierenden Cyanobakterien Aphanizomenon sp. (Bild 4) und Nodularia spumigena (Bild 5).
Deren Erscheinen gipfelt in dem Extremwert  von Nodularia spumigena (2060 mg/m3) am 9.7.2013 (Woche 28), begleitet von Mesodinium rubrum (472 mg/m3) und Aphanizomenon sp. (336 mg/m3). Diese hohe Biomasse kann nicht innerhalb einer Woche vor Ort gewachsen sein. Da Nodularia über starke Auftriebskräfte verfügt, reichert es sich bei Windstille an der Wasseroberfläche an und kann leicht zusammengetrieben und verdriftet werden. Bei derartigen Anreicherungen an der Wasseroberfläche führt unsere Probenahme mit der Pütz leicht zu einer Überschätzung, da diese überrepräsentativ eingefangen werden. Genauso wie das schnelle Erscheinen spricht auch das schnelle Verschwinden für ein windgetriebenes Verschieben der fleckenhaft auftretenden Anreicherungen.
Es muss betont werden, dass wir hier keine Sondersituation erwischt haben, sondern starke Cyanobakterienblüten auch an anderen Bereichen der mecklenburg-vorpommerschen Küste gesichtet wurden. Der Tourismusverband MV wendete sich besorgt mit Anfragen an das IOW, da die Badewasserqualität beeinträchtigt war. Tatsächlich enthält Nodularia das Gift Nodularin. Proben von der Monitoringfahrt vom Juli 2013 zeigten einen Gehalt von 22 µg Nodularin pro g Trockenmasse (Analyse durch Food GmbH Jena).

Bild 6: Dactyliosolen fragilissimus Netzprobe vom 10.9.2013
Bild 6: Dactyliosolen fragilissimus Netzprobe vom 10.9.2013

Nachdem sich die Biomasse von Cyanobakterien und Mesodinium rubrum zum 16.7.2013 (Woche 29) stark reduziert hat, kamen Dinoflagellaten (Ceratium tripos, Alexandrium pseudogonyaulax) und Kieselalgen (Dactyliosolen fragilissimus, Bild 6) zur Entwicklung. Alexandrium pseudogonyaulax (Bild 7) erreichte sein Maximum mit 293 mg/m3 am 7.8.2013 (Woche 32). Damit wurde es nach den Erstfunden im Jahre 2010 noch bedeutsamer als bereits im Vorjahr. Ab Woche 34 wuchs Dactyliosolen fragilissimus stark an. Es bildete am 10.9.2013 eine Blüte mit einem Spitzenwert von 3159 mg/m3 und wurde im Wesentlichen nur noch von Ceratium tripos (Bild 8) und Coscinodiscus granii (Bild 9) begleitet. Letztere Arten sind typische Herbstarten.

Bild 7: Alexandrium pseudogonyaulax
Bild 7: Alexandrium pseudogonyaulax
Bild 8: Ceratium tripos, Netzprobe vom 22.10.2013
Bild 8: Ceratium tripos, Netzprobe vom 22.10.2013

Der niedrige Wert von Woche 39 stellt eine Unterschätzung dar, denn eine quantitative Auswertung der Probe war wegen hoher Sedimentbeimischung nicht möglich; es ist lediglich eine fortbestehende Kieselalgendominanz abzulesen. Am 1.10.2013 (Woche 40)  war die Blüte von Dactyliosolen fragilissimus verschwunden. Es dominierte Ceratium tripos, während es bereits eine Woche später wieder zugunsten von Coscinodiscus granii verschwunden war. Diese Abfolge ist keine natürliche Sukzession, sondern ein Zeichen für das Vorbeidriften unterschiedlicher Wasserkörper an der Probenstation. Ceratium tripos ist typisch für das salzreichere Wasser der westlichen Ostsee (Salzgehalt von 16,6 am 1.10.2013) während Coscinodiscus granii aus der eigentlichen Ostsee stammt (Salzgehalt von 8,3 am 8.10.2013). Seinen Höhepunkt erreichte Ceratium tripos am 22.10.2013 mit einer Biomasse von 639 mg/m3. Damit bleibt es allerdings deutlich unter den Maxima, die in manch anderen Jahren erreicht wurden, wie z.B. 1120 mg/m3 am 9.10.2012.

Bild 9: Coscinodiscus granii, Netzprobe vom 3.11.2013
Bild 9: Coscinodiscus granii, Netzprobe vom 3.11.2013

Eine Herbst-Kieselalgenblüte, wie sie z.B. im Jahre 2010 gefunden wurde, entwickelte sich absolut nicht. In den Jahren 2008 und 2009 kam es sogar im Dezember noch zu kräftigen Kieselalgenblüten, was uns zu der Hypothese verleitete, dass sich die Vegetationsperiode verlängert. Zwar fanden wir am 10.12.2013 (Woche 50) immerhin noch eine autotrophe Phytoplankton-Biomasse von 537 mg/m3 und eine Chlorophyll-a-Konzentration von 1,96 mg/m3, aber von einer Verlängerung der Vegetationsperiode kann man noch nicht sprechen.

Zusammenfassend können wir für das Jahr 2013 feststellen, dass die Phytoplanktonproben zunehmend Sediment enthalten und dadurch nicht mehr quantitativ auswertbar sind. Chlorophyllproben sind für die Überbrückung der Datenlücken sehr nützlich. Die Frühjahrsblüte war vermutlich nur schwach ausgebildet und eine Herbstblüte fehlte. Es trat aber bereits Anfang Juli eine kurzzeitige Cyanobakterienblüte auf und im September eine Kieselalgenblüte, dominiert von Dactyliosolen fragilissimus.

Abb. 1: Zusammensetzung der Phytoplankton-Biomasse und Konzentration des Chlorophyll a vom 2.1. bis 23.12.2013 an der Seebrücke Heiligendamm.
Abb. 1: Zusammensetzung der Phytoplankton-Biomasse und Konzentration des Chlorophyll a vom 2.1. bis 23.12.2013 an der Seebrücke Heiligendamm.

Danksagung

Neben den Kolleginnen und Kollegen der Sektion Meereschemie, die an der gemeinsamen Probenahme teilnahmen und Unterstützung gaben, sei insbesondere den Kolleginnen der Sektion Biologische Meereskunde Anja Hansen und Annett Grüttmüller gedankt, die sich an der biologischen Probenahme beteiligten.

Literatur:

Olenina, I., Hajdu, S., Andersson, A.,Edler, L., Wasmund, N., Busch, S., Göbel, J., Gromisz, S., Huseby, S., Huttunen, M., Jaanus, A., Kokkonen, P., Ledaine, I., Niemkiewicz, E. (2006): Biovolumes and size-classes of phytoplankton in the Baltic Sea. Baltic Sea Environment Proceedings No.106, 144pp.
http://www.helcom.fi/Lists/Publications/BSEP106.pdf

Wasmund, N., Topp, I., Schories, D. (2006): Optimising the storage and extraction of chlorophyll samples. Oceanologia 48: 125-144.

IOW, 25.03.2014
Dr. Norbert Wasmund,
Susanne Busch,
Christian Burmeister,
Regina Hansen.

Leibniz Institute für Ostseeforschung Warnemünde (IOW),
Seestr. 15,
D-18119 Rostock-Warnemünde

Korrespondierender Autor: Dr. Norbert Wasmund