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Hydrographisch-chemische Zustandseinschätzung der Ostsee 2002

Der Winter 2001/2002 war der fünfte milde Winter in Folge und gehört damit zur Periode relativ milder Winter, die 1987/1988 begann. In der südlichen Ostsee wurden im Februar Anomalien bis +4.8°C beobachtet. Ursache waren positive Abweichungen der Lufttemperatur, die bis zum September andauerten. Besonders im August und in der ersten Septemberhälfte verursachten sehr warme Luftmassen aus Südeuropa stabile "subtropische" Bedingungen. Insgesamt war der Sommer 2002 zumindest im Bereich der südlichen Ostsee der zweitwärmste seit 1890. Lediglich der Sommer 1997 war noch wärmer.

Die erste Jahreshälfte 2002 war jedoch nicht nur ungewöhnlich warm. Dieser Zeitraum war gleichzeitig in allen Monaten durch extrem hohe Niederschläge im Einzugsgebiet der westlichen Ostsee gekennzeichnet. So betrug der Niederschlag im nordöstlichen Deutschland im Februar 273% des Durchschnittswertes. Mit einem Flächenmittel von 1018 mm war 2002 das niederschlagsreichste Jahr seit Beginn (1901) der deutschlandweiten Berechnungen. Daraus resultierend war auch das Flusswasserzufuhr und mit ihr die Stickstoffeinträge in die Ostsee außergewöhnlich hoch.

Die hohen Nährstoffeinträge verursachten seit Beginn des Frühjahrs Algenblüten. Im Juni bildete sich eine starke thermohaline Schichtung in der westlichen Ostsee heraus. In der Folge begannen die Sauerstoffkonzentrationen in der bodennahen Schicht durch Mineralisationsprozesse des sedimentierenden organischen Materials zu sinken. Eine lang anhaltende Periode sonnigen, warmen und ruhigen Wetters im Spätsommer führte dann zu einer dramatischen Verschlechterung der Sauerstoffbedingungen. Sauerstoff war teilweise nicht mehr nachweisbar und es kam zur Bildung von Schwefelwasserstoff in Bodennähe. Das Ergebnis war eine weitreichende Schädigung der Bodenfauna in dänischen und deutschen Gewässern. Fischsterben wurden in weiten Gebieten der westlichen Ostsee beobachtet. Das betroffene Gebiet war größer als jemals zuvor beobachtet und reichte vom Kattegatt bis zur Mecklenburger Bucht. Stärkere Winde zu Beginn des Herbstes führte zu einer leichten Verbesserung der Situation. Im späteren Verlauf des Jahres wurden dann wieder normale Sauerstoffbedingungen registriert.

Das Jahr 2002 war in der westlichen Ostsee auch durch eine außerordentliche Häufigkeit und Dauer von östlichen und südlichen Winden gekennzeichnet. Diese Bedingungen haben sturmbedingte Einstromereignisse aus der Nordsee kaum begünstigt, führten aber teilweise zu ungewöhnlichem Wasseraustausch zwischen Kattegatt und der Ostsee. Im August und September wurde am Messmast auf der Darßer Schwelle in einer ausgeprägten Bodenschicht überwiegend einströmendes Wasser mit hohem Salzgehalt und Sauerstoffkonzentrationen zwischen 4 und 1 ml/l registriert. Durch diesen Einstrom gelangte zudem außerordentlich warmes Wasser in die nachfolgenden Becken. Verursacht durch westliche Winde erfolgte im Oktober/November 2002 ein weiterer kleiner Einstrom, der ebenfalls bemerkenswert warmes Wasser in die Becken transportierte und zu einer Belüftung des Danziger Beckens im November 2002 führte. Die auffällig warmen Wassermassen drangen später weiter in Richtung des östlichen Gotlandbeckens vor und verbesserten auf ihrem Weg die Sauerstoffbedingungen unterhalb der Salzgehaltssprungschicht. Die kurzzeitige Wassererneuerung im Januar durch das Eintreffen von Nordseewasser, das im Herbst 2001 in die Ostsee geströmt war, konnte schon im Sommer 2002 nicht mehr beobachtet werden.

Dr. Günther Nausch

Vollständiger Bericht in:
Meereswiss. Ber. 55 (2003)
Nausch, Günther; Feistel, Rainer; Lass, Hans Ulrich; Nagel, Klaus; Siegel, Herbert:
Hydrographisch-chemische Zustandseinschätzung der Ostsee 2002
Pohl, Christa; Hennings, Ursula:
Die Schwermetallsituation in der Ostsee im Jahr 2002

Jährliche Hydrographisch-chemische Zustandseinschätzungen

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