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Hydrographisch-chemische Zustandseinschätzung der Ostsee 2014

Für den südlichen Ostseeraum ergab sich aus der Kältesumme an der Station Warnemünde von 65,8 K · d ein milder Winter 2013/14. Der Wert lag deutlich unter dem langjährigen Mittelwert von 104,5 K · d und belegte den 27. Platz der kältesten Winter seit Beginn der Vergleichsdaten im Zeitraum ab 1948. Die Kältesumme resultierte ausschließlich aus dem Monat Februar während alle anderen Monate die Kältesumme 0 K · d aufwiesen. Der kälteste Winter in der Beobachtungsreihe war der von 1962/63 mit 395,2 K · d.

Mit einer Wärmesumme von 236,9 K · d, registriert an der Station Warnemünde, reiht sich das Jahr 2014 auf Platz 10 im Zeitraum der letzten 67 Jahre ein und verdrängt den Vorjahreswert von 230,4 K · d auf den elften Platz. Der Wert liegt weit außerhalb des langjährigen Mittels von 148,8 K · d und oberhalb der Standardabweichung, so dass 2014 erneut als ein besonders warmes Jahr eingestuft werden kann. Dabei waren die Monatsmitteltemperaturen in den Monaten Juni und August leicht unterhalb des langjährigen Mittelwertes und April sowie Oktober auf ausgeglichenem Niveau. Im Vergleich weisen die übrigen Monate Mai, Juli und September mehr als doppelt so hohe Wärmesummen auf. Diese außergewöhnlich warmen Monate belegen die Plätze 8, 4 und 6 in der Zeitreihe seit 1948.

2014 war in Bezug auf Wasseroberflächentemperatur das wärmste Jahr seit 1990 und lag mit ca. 1,2 K über dem Mittelwert der Periode 1990-2014 und 0,4 K über dem bisher wärmsten Jahr 2008. Dazu haben außer Februar und Juni alle Monate und insbesondere die Monate Juli und August in der nördlichen Ostsee beigetragen. Die westliche Ostsee lag außer im Februar in allen Monaten +1 bis +3 K über den langjährigen Mittelwerten. Nach mildem Beginn des Jahres sorgte ein Kälteeinbruch ab ca. 20.01.2014 für eine starke Abkühlung bis Anfang Februar. Trotzdem lag das Januar-Monatsmittel +2 K über den Mittelwerten (1990-2014) und der Januar war nach 2007 der zweitwärmste in der westlichen Ostsee. Der Februar lag im Bereich der langjährigen Mittelwerte und war in der Arkonasee und im Bottnischen Meerbusen der kälteste Monat des Jahres. Der März entwickelte sich wie üblich zum kältesten Monat des Jahres in der Gotlandsee. Von März bis Mai waren in der gesamten Ostsee und sogar von März bis Dezember im westlichen Teil Anomalien von +1 bis +3 K zu verzeichnen.

Einstromereignisse mit geschätzten Volumina zwischen 100 und 400 km³ fanden in der Ostsee 2014 vier Mal statt. Im Februar konnte an Hand der Pegeländerungen von Landsort Norra ein Einstromvolumen von 141 km3 errechnet werden. Nach einer kurzen Ausstromphase kam es im März zu einem erneuten Einstrom mit einem geschätzten Volumen von 203 km3. Diese zwei Ereignisse führten mit den vorangegangenen Auswirkungen des Orkan Xaver im Dezember 2013 (eingeströmtes Volumen 147 km3) und der langen Westwindphase Ende Oktober bis Anfang November 2013 zu einem komplexen Zusammenwirken, so dass die Stolper Rinne gegen Ende April/Anfang Mai überströmt werden konnte. Das Gotlandtief wurde Ende Mai von diesen Wassermassen erreicht und das Tiefenwasser erstmalig seit 2003 mit Sauerstoff belüftet. Keines der drei Ereignisse erfüllte die typischen Merkmale eines „Major Baltic Inflow“. In ihrer Kombination sind jedoch vergleichbar große Wasser-, Salz- und Sauerstoffmengen in das Tiefenwasser der Ostsee eingetragen worden. Diese „neuartige“ Form der Tiefenwasserbelüftung konnte erstmals beschrieben werden. Im August konnte eine weitere Einstromphase mit rund 164 km3 nachgewiesen werden. Die Auswirkungen in Bezug auf die Belüftung der tiefen Becken blieben eher auf das Arkonabecken und das Bornholmbecken beschränkt.
Ab 13. Dezember 2014 kam es zu einem extrem starken Einstrom. Es strömten 358 km3 Wasser in die Ostsee, davon waren 198 km3 mit ca. 4 Gt Salz sehr salzreich. Nach gegenwärtigen Berechnungen stellt dieses Ereignis den drittgrößten Salzwassereinstrom seit Beginn der Messdaten im Jahr 1880 dar.

Der Jahresgang der Sauerstoffsättigung des Oberflächenwassers zeigte auch 2014 das typische Muster. Im Ergebnis der Dominanz sauerstoffzehrender Prozesse und geringer Produktion war das Oberflächenwasser im Februar in allen Seegebieten mit etwa 95 % bis 96 % leicht untersättigt. Auch im März verzeichnen wir in allen Seegebieten mit Ausnahme des Arkonabeckens weiterhin eine Untersättigung. Im Arkonabecken liegt die Sättigung im März dagegen bei 104,3 %. Der Höhepunkt der Frühjahrsblüte findet sich 2014 in allen Seegebieten im Mai, Im Bornholmbecken und im östlichen Gotlandbecken wurden Sättigungswerte zwischen 120 % und 125 % ermittelt. Der Sommer zeigt das gewohnte Bild mit Sättigungswerten um 105 %. Nur im östlichen Gotlandbecken deuten Sättigungswerte um 115 % auf eine intensive Cyanobakterienblüte hin. Im Herbst führen verstärkte Abbauprozesse erneut zu einer Untersättigung. Generell muss festgestellt werden, dass die jährliche Schwankungsbreite der Sättigung wie schon in den Vorjahren relativ gering ist. Dies spricht für eine gesunde Sauerstoffbilanz des Oberflächenwassers.

Die Sauerstoffsituation im Tiefenwasser der Becken der zentralen Ostsee wird vorwiegend durch das Auftreten oder Ausbleiben von starken barotropen und/oder baroklinen Einströmen geprägt. Das Bornholmbecken ist das am weitesten westliche gelegene der Tiefenbecken, so dass die Einströme häufig in der Lage sind das Tiefenwasser zu belüften. So führten auch 2014 die oben beschriebenen Einstromereignisse vom Herbst 2013 sowie vom Februar und März 2014 im Frühjahr zu einer nachhaltigen Verbesserung der Sauerstoffverhältnisse im Tiefenwasser des Bornholmbeckens, wo Ende April 5,65 ml/l Sauerstoff gemessen wurden. Nach Überströmen der Stolper Schwelle konnten diese Wassermassen in der Folge bis ins Gotlandbecken vordringen und das Tiefenwasser erstmals seit 2003 wiederholt, jedoch nur kurzzeitig mit Sauerstoff belüften. Dies führte gleichzeitig dazu, dass im östlichen Gotlandbecken zum Ende des Jahres vergleichsweise geringe Schwefelwasser-stoffkonzentrationen gemessen wurden. Üblicherweise finden sich am Ende einer langen Stagnationsperiode Werte zwischen –5 ml/l und –7 ml/l, wie das noch Anfang des Jahres 2014 der Fall war. Somit hatten sich schon Ende 2014 eine Situation eingestellt, die „günstige“ Voraussetzungen für den „Major Baltic Inflow“ vom Dezember 2014 geschaffen haben.

Die Sauerstoffsituation des Tiefenwassers spiegelt sich auch in den Nährstoffkonzentrationen wider. Die gute Sauerstoffversorgung des Tiefenwassers des Bornholmbeckens führt zu Phosphatkonzentrationen <2 μmol/l, da das gelöste Phosphat unter oxischen Bedingungen ausgefällt wird. Dagegen sind die Ammoniumkonzentration von 0,1 + 0,2 μmol/l im Bereich der Nachweisegrenze während die Nitratwerte mit zwei Ausnahmen zwischen 7 μmol/l und9 μmol/l liegen. Die bis ins östliche Gotlandbecken vorgedrungenen Wassermassen, die durch geringe Phosphat- und hohe Nitratkonzentrationen gekennzeichnet waren, führten zu einem Rückgang der Phosphatkonzentrationen. Die kurzzeitige Belüftung des Tiefenwassers im Juli 2014 resultierte in der ebenfalls kurzzeitigen Bildung von Nitrat und auch die Ammoniumwerte waren geringer als in den Vorjahren. Auch nährstoffseitig waren damit „günstige“ Voraussetzungen für den „Major Baltic Inflow“ vom Dezember 2014 geschaffen.

Vollständiger Bericht in:
Meereswiss. Ber. 96 (2015)
Nausch, Günther; Naumann, Michael; Umlauf, Lars; Mohrholz, Volker; Siegel, Herbert

Hydrographic-hydrochemical assessment of the Baltic Sea 2014

 

Deutsche Fassung des obigen Artikels

Jährliche Hydrographisch-chemische Zustandseinschätzungen

2010 - 2019

2000 - 2009

1990 - 1999

1980 - 1989

1969 - 1979